cigar | Einer, der gewinnen will
Aus Cigar 3/2020
Kuba

Einer, der gewinnen will

Im Frühling übernahm Tony Hoevenaars die Leitung der Intertabak AG, der offiziellen Schweizer Importeurin kubanischer Zigarren. Mit Cigar sprach der Niederländer über seine Strategie, Fälschungen und zu hohe Preise.

Interview: Tobias Hüberli
Fotos: Njazi Nivokazi

Seit März leiten Sie die Geschicke der Intertabak AG. Wieso sind Sie der richtige Mann für diese Aufgabe?
Tony Hoevenaars: Die Verantwortlichen der Habanos SA suchten für diese Position jemanden mit Erfahrung und einem frischen Blick. Ich hatte viel Erfolg in den Beneluxländern. Die letzten sechs bis sieben Jahre erreichten wir in allen Bereichen jeweils ein zweistelliges Wachstum. Zudem spreche ich viele Sprachen. Darum wurde ich angefragt. Für mich persönlich ist dieser Schritt eine grosse Herausforderung. Das gefällt mir. Ich bin jemand, der immer gewinnen will, das ist meine Art. Und gewinnen will ich auch hier.

Sie haben sich einen sehr schwierigen Markt ausgesucht.
Die Situation in der Schweiz ist speziell, weil es einen Parallelimport von Habanos gibt. Die Kunden haben die Wahl. Unser Vorteil ist, dass wir garantiert echte Ware anbieten. Über den Parallelimport gelangen Fälschungen ins Land. Auch dagegen wollen wir in Zukunft mehr unternehmen.

Bereits Ihre Vorgänger haben versucht, den Parallelhandel zu unterbinden.
Und sie waren darin durchaus erfolgreich, der Marktanteil des Parallelimports lag einmal bei fast 50 Prozent, heute ist es rund ein Drittel.

Wie wollen Sie vorgehen?
Wir möchten unsere Position im Markt weiterentwickeln. Über die Einzelheiten will ich hier nicht sprechen, aber wir haben Ideen und eine Strategie. Wir setzen stark darauf, dass wir der offizielle Importeur sind und ein garantiert echtes Produkt anbieten. Zentral wird auch sein, dass wir jederzeit das gesamte Sortiment, soweit es in Kuba verfügbar ist, in der Schweiz liefern können. Dass wir also die grösste Auswahl haben. Wir planen, unseren Bestand auszubauen. Ziel ist es, von allen normalen Formaten einen Jahresbedarf vorrätig zu haben. Langfristig, das kann ich schon sagen, werden loyale Kunden bei uns auch Vorteile haben. Das ist, so glaube ich, ein bisschen normal. Irgendwann müssen die Händler vielleicht mal die Entscheidung treffen, ob sie bei uns einkaufen oder sich im Parallelmarkt eindecken. Aber wir müssen natürlich sicherstellen, dass unser Angebot dafür attraktiv genug ist.

Wie steht es denn mit den Habanos-Spezialisten?
Deren Anzahl ist ungefähr okay. Wir schauen, dass es nicht zu viele in der gleichen Gegend hat.

Bei Fälschungen verhielt sich Intertabak bislang eher passiv, wenn es darum ging, im Parallelmarkt gekaufte, angeblich gefälschte Produkte zu prüfen. Wie wollen Sie das Problem in Zukunft angehen?
Wir werden gegen Fälschungen vorgehen, wenn wir die Verpackung der Zigarren mitgeliefert kriegen und wissen, wo das Produkt verkauft wurde. Wir sind der offizielle Vertreter von Habanos SA in der Schweiz. Gefälschte Habanos sind illegal. Ich sehe nicht, wieso wir nicht etwas dagegen machen sollten. Wir haben keine Person, die aktiv nach Fälschungen sucht, wenn aber gefälschte Produkte an uns herangetragen werden, werden wir etwas unternehmen. Einfach weil es dem Ruf unserer Marken schadet.

Sie haben gegen den niederländischen Staat geklagt, als dieser das Plain Packaging einführen wollte. Wie beurteilen Sie das zurzeit im Schweizer Parlament diskutierte Tabakproduktegesetz?
Soweit ich das neue Gesetz verstehe, ist es für die Tabakindustrie insgesamt natürlich nicht gut. Es wird weniger Möglichkeiten für Werbung geben. Aber wir besetzen im Markt eine Nische, richten uns eindeutig an eine erwachsene Zielgruppe und werden in den Fachgeschäften noch immer unsere Produkte platzieren können. Es tangiert uns also nicht allzu stark. In den Niederlanden haben wir vor Gericht übrigens verloren. Die Zigarrenindustrie wurde dort klar benachteiligt, aber man gewinnt so was fast nie gegen den Staat.

Wie sehen Sie die Preisentwicklung von kubanischen Zigarren in der Schweiz?
Ich finde, die Preise sind zu hoch. Der Unterschied zu Italien, Österreich und Frankreich beträgt etwa 15 Prozent, zu Deutschland ist er sogar noch höher. Zwar haben die Fachhändler in der Schweiz ziemlich gute Konditionen und somit auch die Möglichkeit, ihren Kunden Rabatte zu gewähren. Aber ich glaube, die Unterschiede beim offiziellen Preis sollten kleiner werden. Das wollen wir Schritt für Schritt ausgleichen.

Heisst das, dass Intertabak die Preise senken wird?
Das habe ich nicht gesagt. Aber wir werden sie während ein paar Jahren nicht erhöhen. Dazu benötigen wir aber auch die Unterstützung unserer Fachhändler.

Wie steht es zurzeit um die Zigarrenproduktion auf Kuba?
Glücklicherweise stand die Produktion nie still. Aber viele Manufakturen sind in Havanna situiert. Dort herrscht zurzeit wieder der totale Lockdown. Ende August waren alle angehalten, zu Hause zu bleiben. Für die Fabriken heisst das: Man arbeitet weiter. Das Problem ist, dass alleinerziehende Eltern das Recht haben, daheim zu bleiben. Und das betrifft viele Fabrikmitarbeiterinnen. Trotzdem ist die Zigarrenindustrie gerade in dieser schwierigen Zeit extrem wichtig für die Wirtschaft des Landes.

Wird es nächstes Jahr ein Festival del Habano geben?
Offiziell ist es noch nicht abgesagt, aber seien wir ehrlich: So wie die Situation in Kuba und hier ist, kann ich mir schlicht nicht vorstellen, dass das Festival nächstes Jahr Ende Februar durchgeführt werden kann. Ich hoffe, und mit mir tun das viele andere Leute, dass es verschoben wird, aber später im Jahr stattfinden kann.

Ihnen eilt der Ruf voraus, ein talentierter Musik-DJ zu sein.
Das hat sich so entwickelt. 2015 organisierten wir nach der Galanacht des Festivals del Habano im Hotel Nacional in Havanna eine Afterparty. Und zwar weil mit Dominique Gyselinck erstmals eine Fachhändlerin aus den Beneluxstaaten zum Hombre de Habano gewählt wurde. Am DJ-Pult stand ein bekannter niederländischer Radio-DJ. Das gefiel den Leuten, und wir sagten: Das machen wir wieder. Aber niemand wusste, wer die Musik spielen sollte. Ich bin ein Musikliebhaber, habe eine grosse Sammlung und viel Wissen, insbesondere über die Musik der Siebziger- und Achtzigerjahre. Ich übernahm den Job, und das Ganze wurde zu einer coolen Tradition.

Was ist Ihrer Meinung nach zentral, um im Schweizer Markt erfolgreich zu sein?
Im Geschäft mit Longfillern ist das immer die Beziehung mit den Fachhändlern, sie ist unglaublich wichtig. Man muss nicht mit allen befreundet sein. Aber die Zusammenarbeit muss klar, für beide Seiten gut und interessant sein.

Ist sie das zurzeit?
Ich finde, sie könnte besser sein. Wir haben mit manchen Kunden eine sehr gute Beziehung, mit anderen ist sie weniger gut. Der Fokus von Intertabak lag in der Vergangenheit stark auf einer kleinen Kundengruppe. Diese hat sich entsprechend positiv entwickelt, und dafür bin ich sehr dankbar. Aber wir werden in Zukunft schauen müssen, dass wir auch andere Zigarrenhändler für uns gewinnen können.

Viele klagen, dass zu wenig Spezialitäten in die Schweiz gelangen.
Das ist alles immer relativ. In den Beneluxstaaten hatten wir davon auch immer zu wenig. Das ist so, weil sie einfach nicht gut verfügbar sind. Allerdings hatten wir in den Beneluxstaaten am Ende zehn Casas del Habano. Und deren Umsätze waren sehr gut. Die Casas haben bei Habanos SA eine gewisse Priorität. Wenn also ein Land viele erfolgreiche Casas hat, kriegt es auch etwas mehr Spezialitäten.

Sie planen, die Zahl der Casas del Habano in der Schweiz zu erhöhen?
Es ist jetzt nicht so, dass wir nächstes Jahr zehn Casas del Habano in der Schweiz haben wollen. Aber wir arbeiten daran, eins in der Westschweiz und vielleicht eins an der deutsch-österreichischen Grenze zu eröffnen.

Und schaffen damit Konkurrenz für den bestehenden Handel.
Die Casas del Habano sind ebenfalls Fachhändler. Und sie gehören ja nicht uns, mit Ausnahme des Geschäfts in Basel. Das ist aber traditionell so gewachsen. Die Casas in Lugano und Zürich sind unabhängig. Im Gegenzug werden sie von uns bevorzugt beliefert. Und sie werden von einer internationalen Kundschaft gezielt angefahren, das weiss ich aus meiner Zeit in den Beneluxstaaten. Sammler und Aficionados, die auf der Suche nach Spezialitäten sind, orientieren sich an den Casas.

Tony Hoevenaars (56) wuchs in Utrecht auf. Nachdem er in Rotterdam Betriebswirtschaft studiert hatte, fand er früh den Weg in die Tabakindustrie. 1990 startete er als Brand Manager bei der auf Pfeifen- und Drehtabake spezialisierten Firma Koninklijke Theodorus Niemeyer. Als diese von Rothmans übernommen wurde, wechselte Hoevenaars in deren neu gegründete Exportorganisation für Nicht-Zigaretten-Produkte in Amsterdam. Nach einem kurzen Abstecher in die Lebensmittelindustrie heuerte er 1996 beim Tabakunternehmen Reemtsma an und übernahm die Position des Marketingdirektors in der Slowakei. Drei Jahre später wechselte er an den Hauptsitz nach Hamburg und wurde Marketing Director Export und Duty Free. In dieser Zeit wurde Reemtsma von Imperial Tobacco übernommen. Hoevenaars zog nach Dubai und wirkte für zwei weitere Jahre als General Manager Middle East. 2004 startete er bei der Habano SA als General Manager für die Beneluxstaaten. Im März dieses Jahres übernahm er die Leitung der Intertabak AG, der offiziellen Schweizer Importeurin von kubanischen Zigarren. Die Intertabak AG gehört zu 50 Prozent der kubanischen Vertriebsorganisation Habanos SA, ebenfalls am Joint Venture beteiligt sind zu gleichen Teilen die Schweizer Familienunternehmen Villiger und Lévy.

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