cigar | «Glaube nicht an einen echten Boom»
Aus Cigar 3/22
Beat Hauenstein

«Glaube nicht an einen echten Boom»

Erstmals seit Ausbruch der Pandemie lud Beat Hauenstein, CEO von Oettinger Davidoff, diesen Sommer zu einer Jahresmedienkonferenz. Ein Gespräch über Ziele, Zigarren und den immer schwieriger werdenden Zugang zu den Märkten.

Interview: Tobias Hüberli
Fotos: z. V. g. 

Seit fünf Jahren führen Sie als CEO die Geschicke von Oettinger Davidoff. Haben Sie Ihre anfangs gesteckten Ziele erreicht?
Beat Hauenstein: Wir haben die Restrukturierung des Unternehmens, die sich auf die Bereiche Marken, Effizienz, Kommerzialisierung sowie die Führungskultur konzentriert, hartnäckig verfolgt und in den letzten fünf Jahren an die 40 Projekte erfolgreich umgesetzt. Zudem hat sich die Liquidität der Gruppe extrem verbessert. Kurzum: Ja, wir haben unsere Ziele erreicht. Der Schlüssel in unserer Branche sind die Marktanteile. Mit einer Produktionssteigerung von 35 Prozent haben wir sicherlich dazugewonnen, da der Gesamtmarkt nicht im gleichen Ausmass gewachsen ist. Wichtig sind neben guten Zahlen aber noch ganz andere Dinge.

Die da wären?
Es geht darum, unsere Mitarbeitenden, die Menschen, zusammenzubringen. In den letzten Jahren haben wir verschiedene Kompetenzzentren gegründet, etwa für die Masterblender. Darin geben ältere, erfahrene Angestellte ihr Wissen an jüngere weiter. Das Gleiche machen wir im landwirtschaftlichen Bereich. Wir wollen das Know-how von der Herstellung der Samen und der Bewirtschaftung der Tabakpflanzen langfristig sicherstellen. Auf den Feldern haben wir unter anderem mit der Tropfen­be­wässerung grosse Fortschritte gemacht. Das sind Meilensteine, die vielleicht nicht so sichtbar, aber zentral für den Erfolg sind.

Sie fuhren die Produktionskapazitäten im April 2020 um 50 Prozent zurück. Wie schwierig war es, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neu zu rekrutieren?
Stand heute haben wir unsere Kapazitäten, im Vergleich zu Vor-Covid, wieder zu 90 Prozent aufgebaut. Klar, es gibt aktuell einen grossen Wettbewerb um Zigarrenrollerinnen und -roller. Aber bei Oettinger Davidoff schauen wir gut zu unserem Personal. Wir hatten es darum auch einfacher, wieder Leute zu finden, weil wir auch schon vorher gut zu ihnen geschaut haben.

Beschreiben Sie uns doch bitte den Zustand von Oettinger Davidoff so kurz wie möglich.
Das Unternehmen ist strategisch sauber ausgerichtet und mit Abstand führender Hersteller von Premiumzigarren weltweit. Und: Wir haben die rückwärtigen Prozesse, das Maschinendeck, wie ich immer sage, im Griff. Wir wissen jederzeit, wo wir einwirken müssen, um etwas zu adaptieren.

Bei Oettinger Davidoff prallen unterschiedliche Welten aufeinander. Jene eines Familienunternehmens mit jener einer global agierenden Gruppe, dazu kommen die schweizerische und die karibische Arbeitskultur. Wie gehen Sie damit um?
Das ist eine unserer Stärken. Wir sind nicht an der Börse kotiert, haben dafür eine Familie im Hintergrund, die uns die Zeit gibt, die es in diesem Geschäft braucht. Was die Kulturen betrifft: Wir lassen der karibischen Art zu denken genügend Raum, haben aber auch schweizerisch durchgetaktete Geschäfts­prozesse, ein gut geöltes Uhrwerk, wenn sie so wollen.

Erhöht Davidoff die Preise?
Wir haben Preisanpassungen gemacht, aufgrund von erhöhten Material-, Logistik- und Personalkosten. Nun kommt es darauf an, wie die Inflation auf die Löhne drückt. Wir werden wohl nicht da­rum herumkommen, die Preise nochmals anzupassen. Aber unsere Preisgestaltung ist Ausdruck unserer Realitäten.

Sie messen dem Gewinn von Marktanteilen grossen Wert bei. Wie wird sich der Markt entwickeln?
Ich glaube nicht an einen echten Boom. Der Markt ist gesättigt. Das war er vor Covid-19 bereits. Wir stellen einen klaren Trend zu höherpreisigen Zigarren fest und es wird innerhalb des Marktes zu Verschiebungen kommen. Jene Hersteller, die das Versprechen an die Kundschaft halten und durch Zuverlässigkeit, höchste Qualität und Innovation überzeugen können, werden gewinnen, die andern nicht.

Wie läuft das Onlinebusiness?
Ich habe den E-Commerce vor fünf Jahren bewusst forciert, im Wissen darum, dass der Fachhandel nach wie vor der Eckpfeiler unseres Geschäfts ist. Wir gehen deshalb auch nicht in einen Preiskampf mit dem Fachhandel. Bei uns kriegen sie keinen Rabatt oder Discount. Zudem muss man auch sehen, dass der Onlinehandel mit Zigarren in Europa eine Insel ist. Er ist nur in der Schweiz, in Deutschland und in Grossbritannien erlaubt. Das Wachstum ist, im Gegensatz zum US-Markt, in dem das Kataloggeschäft und viele andere Aktivitäten online stattfinden, also limitiert.

Sie sagen, viele Zigarrenmarken würden es in Zukunft schwierig haben, sich zu etablieren oder zu halten.
Da muss man unterscheiden. Die USA sind punkto Gesetzgebung ein sehr liberaler Markt. Dort ist weiterhin eine grössere Vielfalt möglich. Aber in den anderen 138 Märkten, in denen wir tätig sind, ist es kompliziert, einen gesetzeskonformen Zugang herzustellen. Das beginnt bei den unterschiedlichen Sprachen und endet bei Vorgaben wie Track-and-trace, in deren Rahmen man von einer Zigarre jederzeit sagen können muss, wo sie war. Das bedeutet einen enormen Aufwand, der viel kostet. Und das können sie nicht auf den Konsumenten überwälzen, sondern mindert die Marge. Hersteller, die diese Komplexität nicht meistern, werden den Zugang zu diesen Märkten verlieren.

Wie schaut es bei Ihnen persönlich aus?
Mir macht meine Aufgabe noch immer viel Freude und der Erfolg gibt einem natürlich auch Bestätigung sowie Motivation. Oettinger Davidoff ist ein tolles Familienunternehmen, ich kann mich tagtäglich für meine Passion – die Zigarren – einsetzen. Was gibt es Besseres?

Beat Hauenstein (55) arbeitet seit fast 20 Jahren für die Oettinger Davidoff. Er stieg als Chef der Informatik ein, es folg­ten Positionen als Verantwortlicher der Logistik, der Produktion sowie der Landwirtschaft. Seit fünf Jahren führt er die Gruppe als CEO.

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