cigar | MIT DER SCHAUFEL ZUM ERFOLG
Aus Cigar 3/23
Tabak total

MIT DER SCHAUFEL ZUM ERFOLG

Zigarren sind für Jovica Jovanovic nicht nur eine Passion, sondern auch Mittel, um mit neuen Menschen in Kontakt zu treten. In seinem Geschäft, so der Gartenbauunternehmer, sei es essenziell, dass ihn die Leute kennen.

Text: Tobias Hüberli
Fotos: Njazi Nivokazi

Als Jovica Jovanovic 1989 in die zweite Klasse eingeschult wurde, erwarteten alle ein Mädchen. «Unsere Vornamen waren damals in der Schweiz nicht sehr geläufig», sagt Jovanovic, den heute alle Jova nennen, mit einem Lächeln. Geboren im serbischen Teil des Kosovo, kam er bereits als Zweijähriger in die Schweiz, wo sein Vater seit 1974 als Gärtner arbeitete. Allerdings geschah dies, wie bei damals vielen Immigrantenkindern, unter dem Radar der Behörden. Als sein Aufenthaltsstatus offiziell gemacht wurde, war er neun Jahre alt – und sprach praktisch kein Deutsch.

In der Schule war er vielleicht nicht der Fleissigste, aber eben auch nicht auf den Kopf gefallen. Und das Zürcher Seefeld-Quartier, in dem damals noch zahlreiche Arbeiterfamilien zu Hause waren, bot das perfekte Umfeld für eine aufregende Kindheit. Die Lehre zum Automechaniker brach Jova nach einem Jahr ab. «Da ist man immer am gleichen Ort, ich wollte aber draussen sein und etwas sehen.» Also wurde er Gärtner, wie sein Vater. Der war von der Berufswahl des Sohnes indes wenig begeistert. «Jetzt bist du so lange in die Schule gegangen, nur um eine Schaufel in der Hand zu halten», sagte er.

Jova sitzt in der Three Point Culinary Lounge in Dübendorf, zieht gemächlich an einer grossen Zigarre und schaut sinnierend den Rauchschwaden nach. 2007 starb sein Vater mit nur 51 Jahren, just an Jovas Geburtstag. «Das war eine unglaublich schwere Zeit für mich.» Der Vater erlebte es denn auch nicht mehr, wie er, zusammen mit seiner damaligen Frau, 2012 eine eigene Firma gründete. Natürlich sei das ein Risiko gewesen, so Jova. «Aber ich hatte zum Glück von Anfang an Aufträge.» Im August legte er los und im September stellte er den ersten Mitarbeiter ein. Da betreute er bereits 18 Objekte, kümmerte sich um die Hauswartung, die Gärten, Treppenhäuser und Garagen sowie im Winter um die Schneeräumung. Heute beschäftigt die Jost Service GmbH in Kloten 24 Mitarbeiter. «Wenn mein Vater noch leben würde, könnte ich ihm sagen, dass ich jetzt eine goldene Schaufel in den Händen halte.»

Erstmals mit Zigarren in Kontakt geriet Jova durch einen seiner Chefs, der gerne einen Longfiller ansteckte. So richtig auf den Geschmack kam er dann 2010 während einer Kubareise. «Dort kaufte ich zum ersten Mal Zigarren, schaffte mir einen kleinen Humidor an und rauchte alle zwei, drei Wochen mal eine.» Bald realisierte er, dass die neu entdeckte Passion auch in geschäftlichen Belangen durchaus nützlich ist. «Wenn man in meiner Branche Erfolg haben will, muss man gut vernetzt sein. Die Leute müssen dich kennen.»

Jovica Jovanovic und sein Sohn Oliver
Jovica Jovanovic

Die wichtigen Kontakte knüpft Jova in zahlreichen Business-Clubs, seit einigen Jahren auch im Golfsport. «Zigarren sind da immer im Spiel, ich schätze mal, 80 Prozent der Mitglieder, sei das im Business- oder im Golfclub, sind Genussraucher.» 2018 plante Jova in Kloteneine Zigarrenlounge mit eigenem Memberclub. Allerdings fiel das Projekt im allerletzten Moment ins Wasser, da der Vermieter einen Rückzieher machte. Für den Club wollte er damals eine eigene Zigarre blenden lassen. Als das mit der Lounge nicht klappte, entschied er, stattdessen seine eigenen Zigarren zu kreieren. 2019 wurden in der Dominikanischen Republik die ersten Formate von JJ Cigars gerollt. «Mein Ziel war nicht, damit Geld zu verdienen, vielmehr waren und sind die Zigarren für mich ein Mittel, neue Leute kennenzulernen.»

Allerdings führt Jova die Marke JJ Cigars, wie seine anderen Unternehmen (mittlerweile sind es drei), mit Geschäftssinn und viel Liebe zum Detail. Das Sortiment besteht aktuell aus drei unterschiedlichen Blends und vier Formaten (Robusto, Torpedo, Belicoso sowie Gigante). Hergestellt werden die Longfiller in zwei Fabriken, in Santiago de les Caballeros sowie (ein Format) in Punta Cana. Letztes Jahr importierte Jovanovic stolze 17 000 Zigarren, dieses Jahr werden es etwa 25000 Stück sein. «Mein Ziel ist, dass die Marke möglichst lange existiert und dass wir den Verkauf über die nächsten zehn Jahre stetig steigern können, vielleicht so auf 100 000 Stück pro Jahr.»

Mit «wir» meint er seinen 18-jährigen Sohn Oliver Jovanovic, der zurzeit eine kaufmännische Lehre absolviert, der- einst aber auch Aufgaben im väterlichen Zigarrenbusiness übernehmen soll. Zurzeit tüftelt Jova an einem neuen Markenauftritt, in dem der Sohn auch optisch vorkommen wird. Die meisten seiner Kundinnen und Kunden sind Private oder Firmen, die seine Zigarren mit individualisierten Banderolen bestellen. Der allergrösste Teil der Kundschaft bezieht die Zigarren direkt bei ihm im Geschäft, neuerdings gibts auch einen Webshop. Das bestverkaufte Format ist die Gigante («sie ist die würzigste»), gefolgt von der Robusto.

Ehrgeizig, manchmal stur, aber sehr hilfsbereit sei er, sagt Jova über sich selbst. «Mein Ziel ist es nicht, reich zu werden, sondern Erfolg zu haben.» Dafür brauche es Mut und Durchhaltevermögen. «Letztlich geht es darum, dass die Qualität der Arbeit gut ist und die Kunden zufrieden sind.» Mit seinen Zigarren versucht er, auch Menschen zu erreichen, die bisher noch nie geraucht haben. «Meine Zigarren sind eher mild und gut verträglich. Die meisten, die eine probieren, kaufen in den Tagen darauf eine Kiste.»

Und auch der Traum einer eigenen Zigarrenlounge sollte sich dieses Jahr doch noch erfüllen. Im Restaurant Hasenberg im aargauischen Widen entsteht derzeit nicht nur eine gediegene Raucherlounge, sondern im Keller – im sogenannten Tresor – auch ein kleiner, aber feiner Zigarrenclub, an dem Jova beteiligt ist. Ende Jahr soll voraussicht- lich Eröffnung gefeiert werden. «Man darf einfach nie aufgeben, nur der Wille zählt», sagt Jova und lächelt in die Rauchschwaden.

Jovica «Jova» Jovanovic (43) wuchs im Zürcher Seefeld-Quartier auf. Sein Vater war Gärtner, seine Mutter Küchenchefin im Grand Café am Limmatquai. Nach einer Ausbildung zum Landschaftsgärtner arbeitete er für verschiedenen Unternehmen in Zürich und der Ostschweiz, sehr bald in leitender Position. 2012 machte sich der mittlerweile zweifache Vater mit der Jost Service GmbH selbstständig. 2019 gründete Jova seine eigene Zigarrenmarke JJ Cigars, die er in der Dominikanischen Republik herstellen lässt. Zurzeit sind die Longfiller in drei Blends und vier Formaten erhältlich.

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